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Elfter Tag: Brest

(LEO) Der Donnerstag begann feucht. Wasser von oben und Wasserschaden in der Toilette. Wir entschlossen uns, den Klempner zu rufen und fluchtartig das Haus zu verlassen, um einen Ausflug nach Brest zu machen. 

 

Als größte Stadt der westlichen Bretagne ist Brest ein wichtiger Industrie- und Handelsstandort. Die westlichste Stadt Frankreichs ist Sitz der Université de Bretagne Occidentale sowie einiger weiterer Hochschulen und Forschungsinstitute. Noch heute ist Brest, auch „Cité du Ponant“ genannt, Stützpunkt der französischen Atlantikflotte und ein wichtiger Handelshafen.

 

Der Industriehafen interessierte uns jetzt weniger, aber wir hatten von den "Ateliers des Capucins" gehört, dem angeblich größten überdachten öffentlichen Platz Europas. Das machte uns neugierig, auch der reizvolle Umstand, dass man dorthin mit einer innerstädtischen Seilbahn gelangt. Seit Ende 2016 sind die Ateliers ein beliebter dritter Ort, an dem Familien, Kunstliebhaber oder Startup-Fans zusammentreffen. Mehr als eine Million Nutzer kommen jedes Jahr hierher, um eine der schönsten Mediatheken Frankreichs zu besuchen, das Canot de l'Empereur und Wechselausstellungen zu entdecken, ins Kino zu gehen, an großen Veranstaltungen teilzunehmen, in einem Coworking Space zu arbeiten, Sport zu treiben, zu essen und noch so vieles anderes. Ein einzigartiger Ort, der Kultur, Kunst, Innovation und industrielle Architektur verbindet.

Warum aber der seltsame Name? Die "Ateliers des Capucins" waren tatsächlich von 1695 bis unmittelbar nach der Französischen Revolution 1791 ein Kloster der Kapuzinermönche. Dann übergab ein Dekret den Ort an die Marine. Während der Industriellen Revolution der 1840er Jahre entstanden Werkstätten und machten Platz für Schiffsherstellung und -reparatur. Die drei 150 Meter langen Bauteile beherbergten verschiedene Werkstätten wie Gießerei, Kesselbau, Einstellung und Montage. Einige der Werkzeuge und Maschinen sind bis heute in den Hallen verblieben.

Um ehrlich zu sein - es fühlte sich etwas seltsam an, durch die Hallen zu schlendern. Vielleicht deshalb, weil wir nicht mehr daran gewöhnt sind, Orten zu begegnen, an denen man alles darf: Kinder spielen, Skater drehen ihre Runden, Pensionisten treffen sich zu einer geplanten oder spontanen Jause, Kletterwände mit Menschen, dazwischen Kino, Theater, Gastronomie, Ausstellungen, Workshops - und das alles in unglaublich überdimensionierten Räumen.

 

Ein spannendes Erlebnis, das schon mit der Seilbahn-Anfahrt beginnt - das Ticket für die Überfahrt ist auch die Eintrittskarte in die Ateliers. Kompliment, wir haben etwas Ähnliches noch nicht gesehen, eine beispielhafte Initiative der Stadt Brest, die übrigens nicht viel größer als Salzburg ist. Die Seilbahn ist übrigens ein großartiges Transportmittel für schwieriges Terrain, das schwebend leicht Flüsse, Schluchten und Steilhänge überwindet – weltweit wird das in der Stadtplanung als Alternative zur Untergrundbahn eingesetzt, um das Verkehrschaos in Großstädten einzudämmen. In Europa noch eine Seltenheit, in Südamerika längst Alltag: Seilbahnen, die hoch über den Dächern den Nahverkehr entlasten.

 

Ansonsten gibt sich die Stadt eher zurückhaltend, lediglich der Hafen ist ein Brennpunkt, mit dem Fort und den vielen Schiffen, aber die Dominanz an der Wasserlinie haben Industrie und Militär. Apropos: Die Wasserlinie in unsere Toilette war bereits repariert, als wir am Abend wieder zurückkamen…

 

Laden in Brest: Beispielhaft! Wir haben direkt im Zentrum auf einem öffentlichen Parkplatz eine 22kW-Ladesäule gefunden. Parken ist für E-Autos gratis. Als wir zurückkamen, war der Speicher voll. So soll es immer sein!

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