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Elektrische Genussreise in den slowenischen Karst

Natürlich weiß man um die Existenz des slowenischen Karstes, aber immer, wenn man sich für eine Kurzreise in diese Richtung entscheidet, wird es das italienische Collio und nicht das slowenische Brda, das ebenfalls übersetzt Hügel bedeutet. Hügel, deren Grenzland verschwimmt zwischen zwei Kulturen, die ähnlich, aber doch so unterschiedlich sein können. Diesmal haben wir uns für die slowenische Variante entschieden, dank unserer Freunde Marlies und Klaus, die gemeinsam mit uns und einem weiteren Freundespaar - Karin und Richard - diese Reise mit uns machen. Gemeinsam ist uns vor allem die Liebe zu Land und Leuten, Natur, Ursprung, Kulinarik und Wein - in einem Wort zusammengefasst: Genuss.

Wenn sich in Salzburg die ersten Frühlingsanzeichen bemerkbar machen, die sich dann, wenn die Nächte wieder in die Minusgrade kippen, als Täuschung herausgestellt haben, überkommt einen die erste Reiselust. Vor der Tür ein funkelnagelneuer ID.Buzz, 350 km weiter südlich ein lockendes Grenzland, das sich Karst nennt, knapp oberhalb der Adriaküste, einer Region, die bereits sehr mediterran geprägt ist und sich durch warme, trockene Sommer und relativ milde Winter auszeichnet. Das ist gut für alles, was dort wächst, zum Beispiel für den Wein, aber auch für uns, denn eine Kurzreise dorthin kann die Wartezeit auf wärmere Phasen schon sehr verkürzen. 

 

Gesagt, getan. Mit jenen Freunden, mit denen wir Vieles teilen, vor allem die Liebe zu Reisen, Kulinarik und Önologie brechen wir am Gründonnerstag auf in Richtung Grenzland zwischen Italien und Slowenien. Eine vielfältige Landschaft, man kann den Duft des Meeres schon erahnen, hat die grüne Landregion Istriens vor sich, das fruchtbare Weinland, Karstschinken, Salami und Olivenöl. Wir starten um 7 Uhr morgens, weil wir noch vor Mittag bei der Familie Osvaldo sein müssen, um dort eine Spezialität der Region zu verkosten. Nach zwei kurzen Ladestopps, der erste in Eisentratten eher dem Kaffeebedarf geschuldet, der zweite beim Dreiländereck bei einer 350kW-Kelag-Station, die uns leider nur 70kWh zugestand. Macht nichts, nach einer halben Stunde waren wir auf 95% und überquerten die italienische Grenze bei strahlendem Sonnenschein.

 

Der Prosciutto in Cormons

Jetzt ein wichtiger Tipp: Man sollte nicht in San Daniele stoppen, wenn es um Prosciutto geht, sondern am besten noch ein paar Kilometer weiter ins kleine Cormons fahren, zu Osvaldo. Der kleine Betrieb ist ein Garant für überragende Qualität. Hergestellt wird der Prosciutto d’Osvaldo als klassischer prosciutto dolce, also vergleichbar mit seinem industriellen Bruder aus San Daniele. Die Osvaldos räuchern ihn anschließend aber noch für kurze Zeit in einer Kammer mit verschiedenen Kräutern und Gewürzen und so gehört der Prosciutto d’Osvaldo unserer bescheidenen Ansicht nach zum Besten, was Italien in Sachen luftgetrocknetem Schinken zu bieten hat. Kaufen kann man die Spezialität vor Ort nur als ganze Keule, was wir auch tun, mit 10 kg Mehrgewicht im Buzz fahren wir nach einer himmlischen Verkostung weiter.

 

Adresse: D'Osvaldo Prosciutti, Via Dante 40, 34071 Cormons, www.dosvaldo.it


Die Kunst und der Wein

Unser nächstes Ziel: Das Weingut "Atelier Kramar", im westlichen Teil der Stadt Brda gelegen, gleich hinter der italienischen Grenze, in einem von Wäldern umgebenen Gebiet. Dort treffen wir Matjaž und Katja Kramar, die beide einen künstlerischen Hintergrund haben: Matjaž ist Bildhauer, Katja ist Malerin. Kennengelernt haben sie sich in Venedig beim Kunststudium, er Name "Atelier Kramar" leitet sich also direkt von ihrer künstlerischen Berufung ab. Die Winzerschaft stellte sich erst spät ein, aber dafür umso stärker: Matjaž ist ein leidenschaftlicher Winzer, der einem Prinzip folgt, wie er sagt: "Wenn man sich von der Masse abheben will, muss man unabhängig, intuitiv und instinktiv sein und den Wein bereits im Weinberg herstellen."

 

Begonnen hat alles mit einem alten Haus in wunderschöner Lage, leider zu alt, um es zu erhalten, es wurde einfach nachgebaut. Am Anfang war es eine kleine Menge Wein, mit nur 800 Rebstöcken. Seitdem ist das kleine Weingut Jahr für Jahr gewachsen, auch wenn sie mit fünf Hektar, 15000 Rebstöcken und 10000 Flaschen pro Jahr eine verhältnismäßig kleine Einheit geblieben sind. Kleine Produktion, aber mit großer Aufmerksamkeit für Qualität. Die Weinsorten, die sie produzieren, sind Rebula, Friulano und Merlot. Am Anfang experimentierte Matjaž mit langen Mazerationszeiten, im Laufe der Jahre behielt er jedoch nur zwei Tage Mazeration bei, da die Tannine hoch waren und der Merlot mindestens fünf Jahre in Fässern lagern musste, um sie zu mildern. Er liebt es, zu experimentieren, und er mag es, wenn die Wein in jeder Saison neue Überraschungen bereit hält. Ein Künstler. Und ein schönes, sympathisches Paar. Wir kaufen eine Schachtel mit Rebula und eine mit dem köstlichen Merlot und ziehen weiter, aber nicht ohne Matjaž Rede und Antwort zu stehen, was den ID.Buzz betrifft. Die Begeisterung ist groß. Das kennen wir schon.

 

Adresse: Atelier Kramar, Katja Distelbarth & Matjaž Kramar, Barbana 12, 5212 Dobrovo, www.atelier-kramar.si


Štanjel - Perle der Karstarchitektur

Wir fahren weiter nach Štanjel, ein mittelalterliches Dorf, Perle der Karstarchitektur und einzigartiges Kulturdenkmal. Es erstreckt sich als terrassenförmiges Dorf auf dem Hügel Turn, mit Schlosskomplex, Wehrtürmen, und einem zitronenförmigen Glockenturm. Die zahlreichen aneinandergereihten Häuser und der Ferrari-Garten sind das bekannteste architektonische Erbe der alten Siedlung, die seit Jahrtausenden ihre Gestalt verändert und zugleich die wahre Seele des Karstes erhalten hat. Heute ist Štanjel ein wichtiges Kulturzentrum des Karstes, wo zahlreiche kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen stattfinden..

 

Das Bistro Grad Štanjel 


Zum Abendessen geht es ins Bistro Grad Štanjel im Herzen der mittelalterlichen Burg. Die Bezeichnung Bistro ist allerdings irreführend. Auch wenn die Zutaten immer hausgemacht sind, mit authentischen Gerüchen und Geschmäckern des Karsts und Einfachheit versprechen, findet man sich hier in einer hochkreativen und komplexen Kulinarik-Welt wieder, die von einer einzigen Familie begründet und erschaffen wurde. Die Familie kocht und serviert, sie trocknet Schinken, investiert in Oliven, berät über Karstweine und weiß eigentlich über alles Bescheid, was es in der Gegend sonst noch gibt. Um nicht das ganze 6-gängige Menü im Detail beschreiben zu müssen, greife ich hier lieber auf eine Gault&Millaut Rezension zurück, die meine Gefühle perfekt in Worte kleidet:

 

"Manche Familien und ihre Mitglieder sind die geborenen Gastgeber. Solche Familien besuchen wir gerne, weil wir wissen, dass uns dort eine herzliche Atmosphäre, gutes Essen und Trinken sowie eine gute Gesellschaft erwarten. Das Bistro in der Burg Štanjel ist für die Familie Komel wie ein zweites Zuhause. Der Vater regiert in der Küche, die Mutter kümmert sich um den Service, und die Tochter ist diejenige, die mit viel Liebe und Wissen die Gerichte den Gästen präsentiert. Unser Besuch begann mit Prosciutto. Das ist das Einzige, was auf jeder Karst-Speisekarte zu finden ist. Aber der Prosciutto, der auf der Burg Štanjel serviert wird, ist alles andere als gewöhnlich. Die Familie trocknet ihren Schinken und andere Fleischdelikatessen sowie den Käse, den sie frisch einkauft und dann selbst reifen lässt. Uns wurde der Krškopolje-Schweineprosciutto serviert, der fast fünf Jahre lang im Bora-Wind hing. Der reichhaltige und komplexe Geschmack dieser exquisiten Fleischdelikatesse war so verlockend, dass wir sie essen und essen konnten, aber es gab noch andere Gerichte, die darauf warteten, dass sie an die Reihe kamen. Sie hatten alle etwas mit Karst und dem Meer zu tun. Sie alle enthielten Zutaten, die direkt von den Erzeugern in die Küche kamen, und sie waren alle wunderbar. Das ist es, was die Küche hier so großartig macht: Sie ist frisch, lokal, schmackhaft und kreativ..."

 

Adresse: Bistro Grad Štanjel, Štanjel 1A, 6222 Štanjel, www.gradstanjel.si

E-Tipp: Unmittelbar vor dem Schloss Štanjel befindet sich eine 11kW-Ladestation mit 2 Anschlüssen, bei einem mehr als 3-stündigen Abendessen haben wir immerhin fast die Hälfte unseres ID.Buzz-Akkus wieder gefüllt.

Das Biohotel St. Daniel in Hruševica

Der nächste Tag beginnt mit einem fulminanten Frühstück im schon am Vortag bezogenen Biohotel St. Daniel in Hruševica, liebevoll geführt von Nina und Miran, die ihrem eigenen Leitbild folgen: "Wir sind soziale Wesen, abhängig von unserer Umwelt. Daher wirkt sich unser Gemeinschaftsbewusstsein auf das gesamte Ökosystem aus. Wir wollen Vorbild sein und unseren Gästen ein besonders nachhaltiges Wohnerlebnis bieten." Wir können nur sagen: Ja, das stimmt. Schöner wohnen. Was uns auch gefällt:  Zwei E-Autos in der Garage und eine riesige Photovoltaik-Anlage am Dach geben Auskunft über die Einstellung der beiden zu einer zeitgemäßen Mobilität.

 

Adresse: Hotel St. Daniel, Hruševica 1b, 6222 Štanjel, www.stdaniel.si


Die Höhlen in Škocjanske jame

Dann geht es in die "Škocjanske jame", die Höhlen von Škocjan, angeblich eine sensationelle Attraktion. Der erste Schock für mich: Fotografieren absolut verboten, mit oder ohne Blitz. Alles Verhandeln nützt nichts, unser Guide meint trocken: "Du wirst es überleben". So sicher war ich mir da nicht, aber das Argument, das seine Kollegin nannte, hat mich zum Nachdenken gebracht: "Nimm Dir die Bilder, die Deine Augen sehen, mit nach Hause und erinnere Dich". Ja, das hat was. Einfach hinsehen, kein Fotostress, keine Jagd nach der besten Perspektive, dem besten Licht. Und so hab ich die Höhle dann erlebt (Die Bilder vom Inneren der Höhle sind von Borut Lozej aus der offiziellen Pressestelle von Škocjanske jame).

Unter allen Karsthöhlen der Welt, die ein wertvolles Naturerbe darstellen, sind die Höhlen von Škocjan wirklich etwas Besonderes. Der größte unterirdische Canyon der Welt ist  aber nicht die einzige Attraktion des außergewöhnlichen Regionalparks Škocjanske jame. Hier sind die charakteristischen Formen der Karst-Landschaft wie auch die einzigartige und äußerst vielfältige Flora und Fauna auf relativ kleinem Raum vereint zu erleben. Der Regionalpark befindet sich im äußersten Südosten des Karsts in der Nähe von Divača. Die Höhlen bestehen aus zahlreichen Höhlen und Gängen, Einbruchstälern, natürlichen Brücken und Schlucklöchern. Sie wurden vom Fluss Reka geschaffen, der nach einem 50 km langen Oberflächenfluss hier in den Karstuntergrund verschwindet und in den Quellen entlang des Golfs von Triest wieder an der Oberfläche auftaucht. Die unterirdische Schlucht mit außergewöhnlichem Ausmaß ist der bekannteste Teil der Höhlen von Škocjan.

 

Diese mysteriöse Welt lockt die Menschen schon seit der Urzeit an. Im Regionalpark gibt es zahlreiche wichtige archäologische Stätten, die Zeugen dafür sind, dass dieses Gebiet bereits seit Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung besiedelt war. Zahlreiche und wertvolle Funde aus verschiedenen historischen Epochen zeugen von den spirituellen Ritualen und der Nutzung der Höhlen als Heiligtümer. Die Höhlen von Škocjan und der gesamte Regionalpark genießen das höchste Schutzniveau, das die Erhaltung dieses unschätzbaren Naturschatzes in unberührter Form ermöglicht. Seit 1986 stehen die Höhlen von Škocjan auf der Liste des UNESCO-Weltkultur- und -naturerbes. Im Jahr 1999 wurden sie in die Liste der Ramsar-Konvention als unterirdisches Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung aufgenommen. Das gesamte Parkgebiet wurde im Jahr 2004 in das UNESCO- Programm MAB – Mensch und Biosphäre als Biosphärenreservat Karst – aufgenommen. 

 

Das bringt mich jetzt noch einmal zurück zum Fotoverbot. Die Mitarbeiter*innen fordern Respekt für dieses großartige, aber hochsensible Ökosystem ein, dazu gehören einige Regeln, darunter auch das Verbot des Abbildens. Ein Abbilden, das in Zeiten von Hochleistungskameras in Smartphones zu einem Bilderwettlauf geführt hat, eine permanentes Inbesitznehmen von allem, was uns begegnet, Festhalten, nach Hause bringen. Dabei verlieren wir oft das Gefühl für die Magie des Ortes selbst. Ein Gedanke, der mich seither beschäftigt.

 

Adresse: Park Škocjanske jame, Matavun 12, 6215 Divača, www.park-skocjanske-jame.si

E-Tipp: Best Practice für E-Mobilisten. Gleich neben dem Besucherzentrum findet man 6 Ladepunkte mit je 11kW, gratis für die Parkbesucher. Fazit für uns: 100% Ladestand beim Verlassen des Naturparks. Super!

 

Und wieder der Wein - Vina Santei



Der dritte Tag ist nun wieder der Önologie gewidmet. Erneut steht eine besonderes Paar im Mittelpunkt: Sandra und Matej, eine Biologin und ein Mathematiker: zusammen sind sie Santei. Ihre Vision, das Beste aus dem lokalen Terroir herauszuholen und zugleich der Natur den nötigen Respekt zu zeigen, und durch diese Kombination den Weinliebhabern ein neues, naturnahes und unvergessliches Weinerlebnis zu bieten, hat sie bewogen, ihre angestammten Berufe aufzugeben und in den Karst zu ziehen. Hier, in Štanjel, haben sie dem "Hamsterrad des Lebens" den Rücken gekehrt und sich in dieses Winzerleben auf dem slowenischen Land zurückgezogen. Sie tauschten die Hektik gegen zugegeben mehr Arbeit in den Weinbergen - aber auch gegen einen Lebenshaltung, die viel mit Achtsamkeit und Respekt von den natürlichen Kreisläufen der Natur zu tun hat. 

 

Wenn man mit diesen beiden Menschen am Tisch sitzt, ihre Augen leuchtend, wenn sie von ihrem Produkt sprechen, den Wein beschreiben, die Probleme, die damit verbunden waren, das Klima, die Trockenheit, und was alles noch so passieren kann, das Glücksgefühl in den Tagen der Ernte, des richtigen Zeitpunkts, dann kann man ermessen, was dieses Leben hier bedeutet und wie hoch dieses Produkt eigentlich zu bewerten ist. Mit seiner Liebe und seinem Wissen schwört das Ehepaar Bizjak auf den ökologischen und biodynamischen Anbau von Reben. Das Anwesen Santei liegt zwischen dem Vipava-Tal und dem Karst, im oberen hügeligen Teil des Vipava-Tals, wo das Klima auf ganz besondere Weise die Reben umschwärmt. Die beiden suchen keine Abkürzungen oder Umwege. Für sie ist nur das Beste gut genug. Ihr engagiertes  und unermüdliches Schaffen spiegelt sich in der Spitzenqualität von Naturweinen, Spirituosen und sogar im Santei-Gin wider. Angebaut werden Zelen, Malvazija, Rebula, Merlot, Pinot Noir und Cabernet Franc. All diese außergewöhnlichen Weine sind biozertifiziert und besitzen darüber hinaus das Biodynamik-Zertifikat Demeter. Ein Weinbaujuwel der ersten Güte.

 

Adresse: Weingut Santei, Dolanci 9, 6222 Štanjel, matej@santei.si, www.santei.si

 

Die Osmiza

Wir verlassen schweren Herzens diesen friedlichen und inspirierenden Platz und machen uns auf den Weg zu einer kulinarischen Besonderheit des Karstes für eine Mittagsjause: die Osmiza* . Es ist nur ein begrenztes Gebiet zwischen Medeazza und dem Val Rosandra, in dem rund 200 urige Buschenschenken  an einigen Tagen im Jahr die Tore öffnen. Es gibt Osmize für jeden Geschmack: nobel ausgestattet, mit Meer­ oder Weingartenblick, urig in Garagen, mit Biertischen und karierten Wachstischtüchern, in Innenhöfen alter Karsthäuser oder mitten im Garten. Hier treffen Arbeiter in ihren Monturen, junge Leute mit Kindern und Hunden, betuchte Triestiner aufeinander. Es herrscht Trubel, Heiterkeit und ausgelassene Stimmung, die man unschwer am Lärmpegel erkennen kann. Wir fahren zum Bauernhof "Na Lehtah" im Dorf Lipa na Krasu. Die Gegend ist berühmt für ihre weitläufigen Weinberge, ihren Hauswein und ihr ausgezeichnetes Fleisch, das in der starken Karstbora getrocknet wird. Die von uns gewählte Osmiza erweist sich eher als Garage denn einer romantischen Schenke, aber wir bekommen sofort den deutschsprachigen Schwiegersohn präsentiert, der uns später dann noch seinen kleinen Sohn vorstellt. Buschenschenke ohne Busch, aber mit Familienanschluss, über den Hauswein "Teran" scheiden sich die Geister unserer kleinen Reisegruppe, schließlich müssen zwei davon den ganzen Liter austrinken. Ebenso ergeht es uns mit den Würsten samt Sauerkraut, Geschmäcker sind nun mal verschieden....

 

* Woher der Name Osmiza stammt? Kaiser Josef II. wollte den verarmten Bauern im Karst Gutes tun und stattete sie per Dekret von 1784 mit dem Privileg aus, an acht Tagen im Jahr (im Slowenischen heißt acht osem) ihren Wein und die selbstgemachten Produkte zu verkaufen. Eine kulinarische Institution, die sich schon 235 Jahre hält. 

 

Osmize-Verzeichnis: www.osmize.com

 

Der Nachbar in Hruševica

Mehr als satt fahren wir zurück nach Hruševica, wo schon der Nachbar des Hotels auf uns wartet. Darko Derenda und seine Frau Beti sind - seit jeher verliebt in den Karst - 1996 hierhergezogen, haben ein altes Haus mit etwas Grund in Hruševica gekauft und Weinreben gesetzt. Teran, Malvazija und Cabernet Sauvignon, das ergibt 4000 Flaschen im Jahr. Die Derendas sind ebenfalls glühende Verfechter des biologischen Weinbaus, mit allem, was damit verbunden ist, erzählt uns Darko, ein ehemaliger IBM-Manager. Das immer lauernde Risiko eines ganzen Ernteausfalls bei Befall mit einer Rebenkrankheit nimmt er in Kauf. Die Natürlichkeit seiner Produkte stehen für ihn im Vordergrund, die traditionellen Regeln bestimmen den Weingarten: So wächst zwischen den Reben das Gras, die Reben selbst sind geschwungen nach dem System des einfachen Guyot*, erklärt er uns. Die Trauben einer Rebe ergeben gerade mal 1 Flasche Wein. Es ist nicht nur schön, diese Weine zu verkosten, sondern vor allem, dem Stolz zu lauschen, wenn Darko Derenda von seiner Passion, dem Weinmachen erzählt.

 

* Bei dem Reberziehungssystem Guyot werden die Drähte, an denen die Reben wachsen, horizontal gespannt. Die zweitnächste Fruchtrute des Rebstammes wird auf sechs bis zehn Augen angeschnitten und am untersten Draht befestigt. Als nächstes wird sie gebogen und am untersten Draht angeheftet, somit bildet sie für das aktuelle Jahr die Trauben. Für das folgende Jahr trägt die am Rebstamm nächstliegende Fruchtrute die Trauben. Die erzielten Erträge sind vom Rebschnitt und dem Alter der Reben abhängig.

 

Adresse: Weingut Darko Derenda, Hruševica 23, 6222 Štanjel, info@derenda.si, www.derenda.si

E-Tipp: Der Laderaum unseres ID.Buzz hat sich nun schon gut gefüllt mit den köstlichen Produkten des Karstes, Zeit, mal nachzuladen. Wieder einen schöne Überraschung:  Zwischen dem Haus Derenda und unserem Hotel liegt die Kirche - mit einer 10kW-Ladesäule direkt davor. Strom gratis.

Der starke Zusammenhalt der Familie

Am Abend fahren wir ins nahegelegene Volčji Grad und besuchen das Gasthaus und Restaurant der Familie Kamnarjevih. Es fällt uns auf, dass wir es eigentlich immer mit Familienbetrieben zu tun haben. Dieser sagt von sich: "Ein Familienunternehmen ist eine nie endende Reise, die sich ständig weiterentwickelt. Gerade wenn wir denken, dass wir etwas beherrschen, ändern sich die Dinge und wir müssen uns schnell und effizient anpassen." 2004 kauften sie ein verlassenes Bauernhaus mit allen dazugehörigen Grundstücken. Von Anfang an versuchten sie, dem Hof seine Seele zurückzugeben mit dem Wunsch, ihn in einer etwas moderneren Form wieder zum Leben zu erwecken. Die Gastronomie kam erst später dazu, die Biodynamik auch, basierend auf dem Verständnis, dass es die Aufgabe des Menschen ist, Verantwortung für sein Leben auf der Erde zu übernehmen. "Die Biodynamik ist nicht nur Landwirtschaft, sondern eine Lebensweise. In unserem Betrieb sind wir uns dessen bewusst und versuchen, nach diesen Grundsätzen zu leben".

 

Wir erleben eine einfache, ehrliche Küche, gekocht von der Mama, serviert vom Sohn, der zwischendurch mal zurück in den Bauernhof muss, um die Schafe in den Stall zu bringen, und wenn er die Gerichte in der winzigen Küche anrichtet, singt er dabei... 

 

Adresse: Farm Restaurant Pri Kamnarjevih, Volčji Grad 40, 6223 Komen, www.kamnarjevi.com

Flanieren in Triest

In Istrien sagt man: Die Bora kommt in Senj auf die Welt, herrscht in Rijeka und stirbt in Triest. Ja, das mag so sein, spürbar ist sie dennoch, ein überaus lebhafter Tod, der ihr in Triest widerfährt. Für uns sechs Karst-Reisende ein Segen, denn entgegen aller Wetterberichte bläst die Bora heute alle Wolken vom Himmel, just an dem Morgen, an dem wir nach Triest fahren wollen. Gesagt, getan. Schon die Fahrt von Hruševica nach Opicina offenbart die karge Schönheit des Karsts, dann öffnet sich der Blick aufs Meer und - obwohl schon vielmal gesehen - immer wieder imposant. Genussvoll flanieren wir zwischen den neoklassizistischen Palazzi aus dem goldenen Zeitalter der k.u.k. Monarchie, das alles hat einen melancholischen Charme. Am Canal Grande genießen wir einen Cappuccino in der Sonne, im Hintergrund die bombastische, neoklassizistische Kirche Sant’Antonio Nuovo und rechter Hand erkennt man die Kuppeln der serbisch-orthodoxen Kirche San Spiridione mit ihren byzantinischen Mosaiken. Ja, Triest ist Grenzort und Schmelztiegel der Kulturen, eine Stadt der Dichter, wo sich beim Espresso mit Claudio Magris plaudern lässt. Nicht nur die Zeit der österreichischen Herrschaft, sondern auch die neuere, tragische Vergangenheit von Krieg und Nachkriegsterror hat hier Spuren hinterlassen.

 


Wir genießen den Sonntagvormittag und suchen ein geeignetes Lokal zum Mittagessen, was nach vielen Fehlversuchen auch gelingt. In einer Seitengasse nah am Hafen erobern wir einen Tisch im urigen Fischlokal El Fornel, ein echter Geheimtipp für die, die es gerne authentisch mögen und mit der Weinqualität nicht allzu kritisch sind. Aber: was für all die Einheimischen an den Tischen um uns herum gut genug ist, soll auch uns munden....

 

Adresse: El Fornel, Via Dei Fornelli 1, 34121 Triest, www.elforneltrieste.com

Bevor wir wieder zurückfahren, besuchen wir noch das Eataly, ein Feinkost-Store direkt am Hafen mit drei Stockwerken und 3000 Quadratmetern gefüllt mit Pane, Prosciutto, Vino, Pasta und allem, was das Herz begehrt, viele Köstlichkeiten aus dieser speziellen Region. Es lohnt sich immer, hier noch reinzuschauen und ein paar kulinarische Souvenirs mit nach Hause zu nehmen. 

 

Adresse: Eataly Triest, Riva Tommaso Gulli, 1, 34123 Trieste, www.eataly.net

E-Tipp: Parkplatz ist vor der Tür, eine 22kW-Lademöglichkeit gibt es auch.

Špacapanova hiša

Der letzte Abend steht ganz im Zeichen der Kulinarik. Die Frage, die wir uns gestellt haben, war: Wie interpretiert man den Geschmack des slowenischen Karsts neu, ohne die Wurzeln zu verleugnen, die ursprünglichen Düfte und Gaumenfreuden zu erhalten, die nach wie vor in der Lage sind, Geschichten über das karstige Land erzählen und doch irgendwie eine Weiterentwicklung darstellen? Die Antwort fanden wir in Komen, eine kleine Gemeinde mitten im geologischen Zentrum des Karsts. Den Anfang nahm es im Jahr 1973 als die Familie  Špacapan ein altes ländliches Gasthaus erworben hat.  Heute ist Špacapanova hiša eine Institution. Ihre Küche basiert auf den erstklassigen Zutaten des eigenen Hofes oder der umliegenden Bauernhöfe. Und auf einer Portion Fantasie.

 

Wir nehmen das Degustationsmenü (siehe Bilder), auch die Weinbegleitung, bei der einige der Tropfen auch aus dem eigenen Haus stammen. Es gibt mehr als nur ein Amuse Bouche, und die kunstvollen Miniaturen werden auf einem Teller aus Omas Schrank, einem Ast oder auf dem Geweih eines Damhirsches serviert. Der hausgemachte Aufschnitt schmeckt mit dem selbst gebackenen Sauerteigbrot fantastisch. Drei Monate trocken gereifter Rinderrücken kommt auf englische Roastbeef-Art mit Eiercreme und Wacholder, dazu Buchteln mit getrockneten Tomaten und Rosmarin und Butter mit gebackener Hefe bestreut. Dann einen Bärlauchsuppe mit feinst geriebenen und gebackenen Kartoffeln, Forellenkonfit mit knusprigen Spargel- und Spinat-Chips und Forellen-Rogen, dazwischen grünes Apfel-Sorbet mit Ingwer im ganzen Apfel serviert. Der Hauptgang besteht aus einem im Freilandofen gebackenen Lamm mit in Buchweizen-Popcorn gewälzten Spargelspitzen, gefolgt von der Nachspeise, einem Brownie auf Kuhjoghurt-Eis von Zidarič, den Abschluss bilden Crème Brûlée in der Walnuss-Schale serviert, Pavlova Torte mit kandierten Mandarinenzesten und Schokoladenoliven am Baum serviert mit knusprigen Grammeln.

 


Wir haben Glück, der inzwischen das Erbe angetretene Sohn des Hauses Ago Špacapan ist unser Host für den Abend, er bringt, erklärt, huscht zwischen Tisch und Küche hin und her, dazwischen seine bestimmt über 70jährige Mutter, die still mitarbeitet und immer präsent im Raum ist. Die Geschichte des Karstbodens und ihre Liebe zu ihm erzählt die Familie zwischen den Zeilen mit Prosciutto und anderen Wurstwaren, die in ihrem Keller hängen, mit selbst gereiftem Käse, Weinen, Spirituosen, Essig und anderen hausgemachten Produkten, die wir am Ende des Abends bei einer Kellerführung mit Ago noch erklärt bekommen. Das alles ist wie ein Geschenk, man spürt und schmeckt in der echten und ehrlichen Wärme die Aromen des Karsts, die hier mit Hilfe moderner Küchentechniken und Präsentationen in die Jetztzeit übertragen werden.

 

Zufrieden und müde fahren wir zurück nach Hruševica, morgen reisen wir ab. Der ID.Buzz ist auch gut mit Strom gefüllt, eine 11kW-Ladestation direkt vor dem Restaurant macht es möglich.

 

Adresse: Špacapanova hiša, Komen 85, 6223 Komen, www.spacapan.si

E-Tipp: 11kW- Ladesäule direkt vor dem Restaurant

 

Zusammengefasst

Ein etwas anderer Roadtrip, eine lustvolle Reise, geprägt von Begegnungen mit eindrucksvollen Menschen, die alle eines gemeinsam haben: Sie folgen einer Passion, einer Leidenschaft, sie haben ihr Leben genau danach ausgerichtet, auch wenn das manchmal mit Entbehrungen verbunden ist. Die wunderbaren Produkte, die sie am Ende des Tages auf den Tisch oder ins Glas bringen, ist ein gerechter Lohn dafür. Weil sie damit Freude und Genuss erzeugen. Der slowenische Karst bringt großartige und authentisch schmeckende Naturweine hervor, die sich mit den besten Weinen der Welt messen können, und Slowenien darf stolz darauf sein, dass sich unter den 58 Restaurants, die der Guide Michelin zwischen Alpen und Adria auflistet, gleich zehn Sterne-Häuser befinden.

 

Wir durften diesen 5-tägigen elektrischen Roadtrip mit besten Freunden genießen. Die schönen Dinge zu teilen, ist etwas Besonderes. Danke dafür an Marlies & Klaus, Karin & Richard, besonders an Marlies, die als "Gourmet-Guide" alles vorbereitet hat.

 

Und wir durften diese Reise - wie alle unsere anderen - CO2-frei mit unserem ID-Buzz machen. Entspannt, lautlos und komfortabel. 1100 km waren wir unterwegs, im Schnitt haben wir 25,8 kW/100km verbraucht (4 Personen plus Gepäck), die Lade-Gegebenheiten in dieser Region sind überraschend gut, siehe unsere Tipps im Blog.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    T. Segert (Freitag, 14 April 2023)

    Toller Beitrag. Danke für die vielen Tipps! Die ein oder andere Adresse werde ich für unseren Urlaub im nächsten Jahr abspeichern. Dann geht es im ID Buzz mit 5 Personen auf Reisen. VG aus Leipzig.

  • #2

    Engelbert Egger (Sonntag, 16 April 2023 09:04)

    Super tolle Reise man bekommt Lust diese Erlebnisse nach zu „fahren“ Du bekommst das Auszeichnen.. Bester Guide, Endecker und Gourmet sowie natürlich Autor..