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Der 13. Tag

Ungern verlassen wir Rennes und die sympathischen Gastgeber Marie und Alain Jolly. Rennes wird uns wiedersehen, eine Stadt, die uns sofort angesprochen hat. Jung, dynamisch, aber nicht hektisch, nicht zu groß, überschaubar. Steht im absoluten Gegensatz zu der Stadt, die wir gerade ansteuern: Paris. Zum Übernachten haben wir (oder besser gesagt unsere betreuende Reiseagentur UMFULANA) einen der charmanten und verschlafenen Vororte gewählt. Mareil-Marly hat gerade mal 3.600 Einwohner, gehört zur Region Île-de-France und ist nur 20 km von Paris entfernt. Die Einwohner werden liebevoll Mareillois genannt.

 

Die Suche nach einem Restaurant erweist sich als zwecklos, es gibt nur eines und das ist am Sonntag geschlossen. Offen hingegen hat eine große Gärtnerei, auf dessen Parkplatz auch die einzige Ladestation (22kW) des Ortes befindet. Wir fassen den Entschluss, nach Paris zu fahren und tun das auch. Ziel ist der Parc André-Citroën, in dem seit 1999 ein Fesselballon installiert ist, mit dem man gegen eine Gebühr unkompliziert einen Blick über ganz Paris genießen kann. Der Ballon dient darüber hinaus als Instrument zur Umweltsensibilisierung, indem er abhängig von der Luftqualität seine Farbe von grün bis rot ändern kann. Der Park ist am Sonntag voll mit Familienausflüglern und jungen Menschen, letztere beteiligen sich lautstark an einem Rap-Dance-Event. Tolle Stimmung!

 

Die Ballonfahrt erweist sich als Riesengewinn, Wetter und Weitsicht spielen mit, man sieht wirklich alles, Eiffelturm, Sacré-Cœur, Montmartre und auch die beeindruckende Skyline des modernen Paris - das Stadtviertel La Défense. Ein wunderbares Erlebnis. Danach entschließen wir uns, am Seine-Ufer entlang bis zum Eiffelturm zu spazieren. Vorbei an den Hausbooten gelangen wir schließlich an einen Ort, den wir ganz anders in Erinnerung hatten. Der Eiffelturm ist umzäunt, hinein darf man nur mit Eintrittskarte nebst Body- und Taschencheck, um den Zaun herum eine Menschenmenge, nahezu hysterisch versucht dennoch jeder und jede ein Selfie mit dem Wahrzeichen zu erhaschen, die Straßen rundherum sind voll und laut, alles fühlt sich an, als sei man in einen brüllenden Mob geraten. Nichts wie raus hier.

 

Was ist das für ein Paris, das unsere Erinnerung besetzt hat? Verklärt die Zeit den Blick, romantisiert ihn? Oder war diese Stadt in den allermeisten Gegenden immer schon laut, hektisch, schmutzig, stinkend? Wenn Paris ein Beispiel für das Modell der fortschreitenden Urbanisierung sein soll, ist das bedenklich.

 

Es gibt Hoffnung: Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, möchte den Individualverkehr aus der Innenstadt weitestgehend verbannen. Eine Spritztour mit dem Auto zum Arc de Triomphe oder zum Eiffelturm gehört dann der Vergangenheit an. Auch wird es nicht mehr möglich sein, die Stadt zu durchqueren, um von Norden nach Süden zu gelangen. Betroffen von der Regelung ist vor allem die historische Innenstadt, hier dürfen außer Fußgänger:innen und Radfahrer:innen nur noch Busse, Taxis, Handwerker:innen, Fachkräfte und Lieferverkehr die Straßen nutzen. Insgesamt macht die Zone fast sieben Prozent der gesamten Stadtfläche aus. Blickt man auf die Zahlen, ist schnell nachvollziehbar, unter welchen Leidensdruck der Verkehr die Bewohner:innen der französischen Hauptstadt stellt. 180.000 Autos fahren jeden Tag durch den Bereich, der nun gesperrt werden soll. Das sind zehnmal so viele Autos, wie die Bewohner:innen der inneren Bezirke besitzen. 40 bis 60 Prozent davon macht der Transitverkehr aus. 

 

Ich bekenne mich zu einer pluralen Mobilität, in der das Auto auch in Zukunft einen wesentlichen Stellenwert einnehmen wir. Ich liebe es, mit dem Auto zu reisen, elektrisch umso mehr. Aber Mobilität muss den Menschen dienlich sein, nicht Lebensräume unbewohnbar machen. Wir brauchen eine Mobilität, in der alle Formen nahtlos miteinander verbunden sind, in der jedes Verkehrsmittel seine Vorteile ausspielen kann.

 

Stichwort E-Mobilität: Wir haben auf dem Weg nach Paris unkompliziert bei einer Ionity-Station geladen, danach im Parkhaus unter dem Parc André-Citroën. Ladepunkte gibt es einige in Paris, sowohl auf der Straße als auch in den Parkhäusern. Aber das haben wir schon einmal thematisiert: Wenig bis keine Probleme in den Städten und entlang der Autobahnen.

 

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