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Der andere Blick

Mich in einen feuchtkalten, hautengen Kunststoffoverall zu zwängen, darüber noch Jacke angezogen, Schwimmweste geschnallt und knapp unterm Kinn eine Gopro für Sprachaufnahmen montiert, gehört jetzt zugegebenermaßen nicht zu den ersehnten Urlaubsfreuden. Was danach folgte, kann man aber zweifelsfrei dazu zählen: Das erste Mal im Leben in einem Zweier-Kajak die Meeresküste bei Studland entlang zu paddeln, noch dazu mit einem ortskundigen Guide namens Dan, der uns in schwerem Dorset-Dialekt die Welt erklärt. Die See ist etwas unruhig und wir hegen der Verdacht, dass er uns über das anstrengendste Stück ‚drüberplaudern‘ möchte. Er erzählt uns von seinen drei Töchtern, seinem Cousin, von der englischen Polizei und überhaupt von seinem Leben, dass Tag für Tag mitten in und im Einklang mit der Natur stattfindet. Er strahlt ein Glücklichsein und Angekommensein aus, das seinesgleichen sucht. 

 

Nach dem etwas anstrengenden Gegen-die-Wellen-Paddeln erreichen wir eine Bucht, die uns ‚Shelter‘ bietet. Die See wird spürbar ruhiger, wir beobachten Möwen, Kraniche und ‚Oystercatcher‘, die mit ihren hübschen orangen Schnäbeln aus den Möwenmassen, die am Strand nach Essbarem suchen, herausstechen. Dan drückt uns eine aufgewickelte Angelschnur mit einem kleinen Blinker und Haken am Ende, in die Hand. Wir sollten doch so gut sein, diesen auszuwerfen, die Schnur bis zur fünffachen Bootslänge abzuwickeln und hinter uns herzuziehen. Die Aufwickelspule klemmt man sich unter den Oberschenkel, damit man sofort merkt, sollte ein Fisch angebissen haben. Er wäre sehr daran interessiert, einen solchen für den mittäglichen Griller heimzubringen. Leider war uns beiden kein Anglerglück beschieden, das Mittagessen fand trotzdem statt und war auch ohne Fisch delikat.

 

Leichter Regen setzt ein. (Es werden in unserem Englandaufenthalt die einzigen beiden Stunden sein, in denen es durchgängig regnet.) Wir paddeln noch bis zu einem großen Felsmassiv, legen in einer kleinen Bucht an und ernten….. Seaweed! Dan erzählt uns seelenruhig, was man alles daraus kochen kann, wie gesund es sei und wie wohlschmeckend. Das fedrige olivgrün/braune Gewächs trägt kleine Kügelchen, die kleinen Oliven ähneln. Diese kann man wie Luftkissenfolie zwischen den Finger zerplatzen lassen, Kinder lieben das, erzählt Dan.

 

Die Rückkehr zum Ausgangspunkt ist weniger anstrengend, weil uns die Strömung in die angestrebte Richtung trägt. Wir haben viel Spaß bei diesem feuchtkalten Ausflug, nicht zuletzt, da uns unser Filmteam natürlich von allen Seiten filmt und auch die Drohne uns von der Luft aus stets treu begleitet. (Insider: Die etwas chaotische Kajakfahrt von Michelle und Alexa bleibt unvergessen…)

 

Dan wirft in seinem urigen Foodtruck eine Menge gesalzene Butter in die Pfanne, zwei Handvoll Seaweed dazu, kurz angedünstet, dann die ‚clams‘ (Venusmuscheln), getrocknetes Seaweed als Gewürz, das ganze fünf Minuten gedünstet. Die Muscheln öffnen sich, es entsteht ein Saft, der duftet, als wäre konzentrierte Meeressenz in der Pfanne. Dazu gibt es frisches Baguette und fertig. Die Meute fällt hungrig darüber her, bis auch die letzte Muschelschale ausgekratzt ist. Herrlich!

 

Nach der überaus herzlichen Verabschiedung von Dan und seiner sympathischen Frau Jade drehen wir im Hotel Mortons Manor in Corfe Castle noch ein Interview über die Eindrücke, die England hinterlassen hat. Danach ist zum ersten Mal in dieser ersten Woche eine kurze Ausruhpause möglich. Nach einer guten Stunde fahren wir nach Poole, laden den Buzz und treffen unsere Filmcrew zu einem fantastischen Abendessen in Drgnfly Pan Asia. 

Good night…

 

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